Zuletzt aktualisiert am Oktober 5, 2024 by uwe

In der Welt der Seefracht gibt es viele Fachbegriffe, die für Außenstehende oft verwirrend sind. Einer dieser Begriffe ist „Demurrage“. Für Unternehmen, die regelmäßig Waren per Seefracht verschiffen, ist das Verständnis von Demurrage entscheidend, um unnötige Kosten zu vermeiden. In diesem Blogpost erklären wir, was Demurrage ist, wann und warum sie anfällt, und bieten anhand eines Praxisbeispiels Tipps, wie diese Kosten minimiert werden können.

Was sind Demurrage Kosten?

Demurrage ist eine Gebühr, die entsteht, wenn ein Container länger als die vereinbarte Freilagerzeit im Hafen bleibt. Die Freilagerzeit, auch als „Free Time“ bekannt, ist ein festgelegter Zeitraum, in dem der Container nach seiner Ankunft kostenlos im Containerterminal gelagert werden darf. Sobald diese Zeit überschritten wird, erhebt der Reeder eine Gebühr für jeden zusätzlichen Tag, den der Container im Hafen verbleibt.

Diese Gebühr soll sicherstellen, dass Container schnell abgeholt und weitertransportiert werden, um Platz für neue Ankünfte zu schaffen. Demurrage ist daher nicht nur eine Strafe für verspätetes Abholen, sondern dient auch der Effizienz im Hafenbetrieb.

Was ist der Unterschied zwischen Demurrage und Detention?

Oft werden die Begriffe Demurrage und Detention verwechselt oder synonym verwendet. Dabei gibt es klare Unterschiede:

Beide Gebührenarten haben das Ziel, sicherzustellen, dass Container so schnell wie möglich wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden. Während Demurrage für den Aufenthalt im Hafen gilt, wird Detention für den Verbleib des Containers beim Empfänger in Rechnung gestellt.

Infografik zeigt den Ablauf von Containerabholung, Transport, Entladung und Rückgabe sowie die Unterscheidung zwischen Demurrage und Detention.
Die Infografik zeigt den Ablauf von der Containerabholung am Terminal, dem Transport, der Entladung und der Rückgabe des Containers. Sie verdeutlicht die Unterschiede zwischen Demurrage- und Detention-Kosten.

Wann fällt Demurrage an?

Demurrage wird in der Regel dann erhoben, wenn es zu Verzögerungen bei der Abholung oder dem Weitertransport des Containers kommt. Häufige Gründe für solche Verzögerungen sind:

Die genaue Freilagerzeit variiert je nach Reederei und Hafen, liegt aber oft zwischen 3 und 5 Tagen. Wird diese Zeit überschritten, beginnen die Demurrage-Gebühren.

Wie wird Demurrage berechnet?

Die Berechnung der Demurrage-Gebühren ist abhängig von verschiedenen Faktoren:

Im Durchschnitt liegen die Demurrage-Gebühren zwischen 50 und 150 Euro pro Container und Tag, können jedoch in Spitzenzeiten oder bei speziellen Häfen höher ausfallen.

Wie lange darf ein Container im Hafen stehen?

Die erlaubte Freilagerzeit, bevor Demurrage-Gebühren anfallen, variiert je nach Hafen, Reederei und Region. In der Regel liegt diese Zeitspanne bei 3 bis 5 Tagen. Einige Häfen/Reedereien gewähren jedoch längere Freilagerzeiten, während andere strengere Regeln haben.

Es ist wichtig, dass Unternehmen diese Freilagerzeit genau kennen und ihre Logistikprozesse entsprechend planen. Insbesondere in stark frequentierten Häfen kann es ratsam sein, Pufferzeiten einzuplanen, um Verzögerungen durch unvorhergesehene Ereignisse zu vermeiden.

Wer zahlt Demurrage?

Die Verantwortung für die Zahlung der Demurrage-Gebühren liegt beim Importeur, es sei denn, die Lieferbedingungen oder der Frachtvertrag sehen etwas anderes vor. In der Praxis wird diese Gebühr oft dem Unternehmen in Rechnung gestellt, das den Container in Empfang nimmt, also dem Empfänger der Ware. Es ist daher wichtig, im Vorfeld klar zu definieren, wer für potenzielle Demurrage-Kosten aufkommt, um Streitigkeiten zu vermeiden.

Gelber Frachtcontainer im Hafen, gestapelte Container im Hintergrund, symbolisiert Demurrage-Kosten
Frachtcontainer im Hafen: Demurrage-Kosten entstehen durch Verzögerungen bei der Entladung

Die richtige Wahl der Incoterms und Zusammenarbeit mit der Spedition

Demurrage-Kosten lassen sich nicht immer vollständig vermeiden, doch durch die richtige Planung und die Auswahl der passenden Incoterms können sie deutlich reduziert werden. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die verschiedenen Lieferklauseln (Incoterms) sowie die Zusammenarbeit mit der Spedition. Wir erklären welche Incoterms Ihnen bei der Vermeidung von Demurrage-Kosten helfen können und wie eine enge Zusammenarbeit mit Ihrer Seefrachtspedition zum Erfolg führt.

Die Rolle von EXW und F-Klauseln in der Seefracht

EXW (Ex Works) und die verschiedenen F-Klauseln (z.B. FOB – Free on Board) bieten im Rahmen der Seefracht einen Vorteil, wenn es um die Vermeidung von Demurrage-Kosten geht. Bei diesen Klauseln hat der Käufer die Möglichkeit, die Logistik und die damit verbundenen Kosten, einschließlich der Demurrage, direkt mit der beauftragten Spedition in Erfahrung zu bringen.

Ein großer Vorteil dieser Klauseln ist, dass die Spedition in der Regel eng mit ausgewählten Reedereien zusammenarbeitet. Dadurch kann die Spedition bereits im Vorfeld Auskunft darüber geben, welche Demurrage-Kosten entstehen könnten und wie lange die Freilagerzeit im jeweiligen Hafen ist. Bei einer EXW- oder F-Klausel besteht somit die Möglichkeit, die Demurrage-Gebühren im Voraus zu kalkulieren oder im Angebot der Spedition inbegriffen zu haben. In der Praxis steht im Angebot der Spedition jedoch meist: Demurrage Kosten – „subject to carrier“.
Dies bedeutet das Sie laut Auslage der Reederei berechnet werden.

Ein weiteres Plus: Die Spedition kümmert sich oft auch um die Zollformalitäten sowie die Organisation der Containerabholung. So können Verzögerungen vermieden werden, die sonst zu Demurrage führen könnten. Sollte es dennoch zu einer Verzögerung kommen und die Verantwortung liegt bei der Spedition, kann diese gegebenenfalls in Haftung genommen werden. Bei Eigenverschulden, wie beispielsweise verspäteter Bereitstellung von Dokumenten, bleibt die Haftung allerdings beim Importeur.

Die Risiken bei C-Klauseln: Abhängigkeit von der Reederei des Lieferanten

Die C-Klauseln (wie CIF – Cost, Insurance, Freight) bieten auf den ersten Blick den Vorteil, dass der Verkäufer für die Transportkosten bis zum Zielhafen verantwortlich ist. Doch hier gibt es einen entscheidenden Nachteil: Der Käufer ist bei diesen Klauseln von den Bedingungen und Sätzen der Reederei des Lieferanten abhängig. Das bedeutet, dass Sie keinen direkten Einfluss darauf haben, welche Reederei der Lieferant auswählt und welche Demurrage-Konditionen dabei gelten.

Oft ist es schwierig, im Vorfeld eine genaue Übersicht über die potenziellen Demurrage-Gebühren zu bekommen, da der Käufer nicht direkt mit der Reederei verhandelt. Dies kann zu unerwarteten Kosten führen, insbesondere wenn die Freilagerzeiten der vom Lieferanten ausgewählten Reederei kürzer sind oder höhere Gebühren anfallen.

D-Klauseln: Wer trägt die Verantwortung für Demurrage?

Bei den D-Klauseln (z.B. DAP – Delivered at Place) ist der Verkäufer dafür verantwortlich, die Ware bis zum Bestimmungsort zu liefern. Das bedeutet, dass er auch die Transportkosten bis zur Ankunft am Zielort trägt. Jedoch gibt es eine wichtige Einschränkung: Sollte Demurrage aufgrund von Verzögerungen entstehen, die vom Empfänger verursacht wurden, wie zum Beispiel durch Probleme bei der Zollabfertigung, haftet der Verkäufer in der Regel nicht für diese Kosten.

Dieses Missverständnis führt häufig zu Problemen zwischen Käufer und Verkäufer. Der Empfänger könnte fälschlicherweise annehmen, dass der Verkäufer für alle anfallenden Kosten, einschließlich Demurrage, aufkommt. Doch dem ist nicht so: Bei D-Klauseln liegt die Verantwortung für Demurrage oft beim Empfänger, wenn die Verzögerung durch ihn oder seine Logistik verursacht wurde. Daher ist es besonders wichtig, sich im Vorfeld über die Verantwortung für solche Kosten klar zu sein.

Wie vermeidet man Demurrage-Kosten?

Um Demurrage-Kosten effektiv zu vermeiden, sollten Unternehmen folgende Strategien verfolgen:

  1. Wahl der richtigen Incoterms:
    Wählen Sie Incoterms, die Ihnen mehr Kontrolle über die Logistik und die Verhandlungen mit der Spedition ermöglichen. EXW und F-Klauseln bieten in der Regel mehr Transparenz und Flexibilität, da Sie die Spedition und damit auch die Bedingungen der Reederei selbst bestimmen können.
  2. Enger Kontakt mit der Spedition:
    Arbeiten Sie eng mit Ihrer Spedition zusammen. Diese kann Ihnen bereits im Vorfeld wichtige Informationen über die Freilagerzeiten und mögliche Demurrage-Gebühren geben. Speditionen, die regelmäßig mit bestimmten Reedereien zusammenarbeiten, kennen deren Bedingungen und können diese in ihre Angebote einfließen lassen.
  3. Frühzeitige Planung der Zollabfertigung:
    Probleme bei der Zollabfertigung sind eine der häufigsten Ursachen für Verzögerungen. Stellen Sie sicher, dass alle notwendigen Dokumente rechtzeitig bereitstehen und prüfen Sie die Anforderungen des jeweiligen Zollamts. Eine gut geplante Zollabwicklung kann helfen, Verzögerungen und somit Demurrage-Kosten zu vermeiden.
  4. Vermeiden von Eigenverschulden:
    Verspätete Abholungen oder mangelnde Vorbereitung sind häufige Gründe für Demurrage. Stellen Sie sicher, dass alle internen Abläufe, wie die Bereitstellung von Dokumenten oder die Organisation des Weitertransports, reibungslos funktionieren. So können Sie teure Verzögerungen verhindern.
  5. Pufferzeiten einplanen:
    Auch wenn alles perfekt geplant ist, können unvorhergesehene Ereignisse wie Streiks, Zollbeschauen, extreme Wetterbedingungen oder Engpässe bei Transportunternehmen auftreten. Planen Sie daher immer einen Puffer ein, um auf solche Eventualitäten reagieren zu können.
  6. Verhandlung mit der Spedition:
    Bei EXW- und F-Klauseln haben Sie die Möglichkeit, bereits im Vorfeld Demurrage-Gebühren mit Ihrer Spedition zu verhandeln oder zumindest in das Angebot mit aufzunehmen. Diese Transparenz hilft Ihnen, unerwartete Kosten zu vermeiden und eine bessere Kontrolle über den gesamten Prozess zu behalten.

Praxisbeispiel: Wie schnell Demurrage-Kosten in die Höhe schießen können

Ein Unternehmen aus Deutschland importiert regelmäßig Elektronikprodukte aus China und nutzt dabei die Seefracht, um Kosten zu sparen. Für den Import wird ein 40-Fuß-Container verwendet, der nach Ankunft im Hamburger Hafen innerhalb von fünf Tagen abgeholt werden muss, da dies die vereinbarte Freilagerzeit ist.

Aufgrund von Verzögerungen bei der Zollabfertigung – es fehlten einige wichtige Dokumente – wurde der Container erst nach zehn Tagen freigegeben. Die Demurrage-Gebühr für jeden Tag nach Ablauf der Freilagerzeit beträgt 75 Euro pro Tag.

In diesem Fall summierten sich die Demurrage-Gebühren wie folgt:

5 Tage Verzögerung x 75 Euro pro Tag = 375 Euro zusätzliche Kosten.

Da die Verantwortung bei dem Empfänger lag, mussten das Unternehmen die 375 Euro zusätzlich zum eigentlichen Transportpreis zahlen.

Dieses Beispiel zeigt, wie schnell unerwartete Kosten durch Demurrage entstehen können. Mit einer besseren Planung und der frühzeitigen Einreichung der erforderlichen Dokumente hätten diese Kosten vermieden werden können.

Fazit: Demurrage vermeiden und Kosten optimieren

Demurrage-Gebühren sind vermeidbare Kosten, die durch gute Planung und Organisation gesenkt oder gänzlich verhindert werden können. Unternehmen sollten die Freilagerzeiten der Häfen, die Lieferbedingungen und die eigene Logistikkette genau im Blick behalten, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Es empfiehlt sich, eng mit Spediteuren und Zollbehörden zusammenzuarbeiten und ausreichend Pufferzeit einzuplanen, um potenzielle Stolpersteine zu umschiffen.

Wer die Regeln und Fristen im Seefrachtgeschäft genau kennt und sorgfältig plant, kann Demurrage-Gebühren erfolgreich vermeiden und damit erhebliche Einsparungen erzielen.